Ein offener Austausch von Daten ist der erste Schritt, um Smart City-Anwendungen überhaupt zu ermöglichen. Dann aber braucht es auch Regeln für die Nutzung der Daten.
Im ersten Teil unserer Reihe zu Smart City haben wir skizziert, warum Unternehmen wie Bürger ein völlig neues Verständnis beim Bereitstellen von Daten benötigen. Lesen Sie hier im zweiten Teil, warum darüber hinaus Regeln für den Daten-Austausch bei Smart City entscheidend sind.
Dank des *Internet of Things leben wir in einem Zeitalter der Daten-Schwemme. Millionen von Geräten mit Sensoren erfassen Milliarden von Datenpunkten. Besonders im verdichteten Raum der Stadt können diese vielen Datensätze für spannende Anwendungen nutzbar gemacht werden.
Doch dabei gibt es – neben Zugang und Verwaltung der Daten – eine entscheidende Hürde: nämlich die Qualitätssicherung und Kompatibilität der Datensätze aus den vielen unterschiedlichen Quellen. Es braucht Spielregeln.
Denn im Kontext der Smart City sind Daten die Kommunikationsgrundlage, die gemeinsame „Sprache“ für die Plattform der Smart City. Für diese „Urban Data“ braucht es ein Regelwerk, nach dem sich alle Datenlieferanten und -verwalter richten, ein Operating Governance Framework.
Meiner Ansicht nach sind fünf Faktoren entscheidend:
Daten-Quantität
Im Konvolut des mittlerweile brausenden Datenstroms braucht es Selektion und Reduktion auf die wesentlichen Zahlen. Während der Entwicklung von neuen Smart-City-Anwendungen benötigen Innovatoren natürlich Zugriff auf möglichst alle verfügbaren Optionen, um zu experimentieren und Ideen sprießen zu lassen. Finale Anwendungen jedoch sollten nur die Daten nutzen, die sie wirklich brauchen – aus Gründen der Datensparsamkeit und der Effizienz.
Datenschutz
Natürlich stellen sich bei öffentlich verfügbaren Daten auch Fragen nach der Nachvollziehbarkeit von persönlichen Datensätzen. Ohne Zweifel sind sie berechtigt. Doch sollte der Datenschutz des Einzelnen kein Problem darstellen, solange er nicht identifizierbar ist – etwa, indem man Datensätze aggregiert und individuelle Daten löscht oder verschlüsselt.
Datenqualität:
Wenn Daten die Sprache der Smart City bilden, muss diese Sprache einer gewissen Qualität entsprechen: also in definierten Dateiformaten vorliegen, in sauberer und allgemeinverständlicher Formatierung, vollständig und mit sinnvollen Werten und Inhalten.
Datenprozesse:
Alle am Prozess der Smart City Beteiligten müssen fähig sein, sich miteinander zu verständigen und die Daten nach möglichst gleichen Regeln zu verarbeiten – wenn möglich über standardisierte Schnittstellen.
Fähigkeit, Daten zu verstehen
Der englische Begriff data literacy beschreibt die Alphabetisierung in Sachen Daten, sie also „lesen“ zu können. Damit ist gemeint, dass die beteiligten Personen und Unternehmen nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich in der Lage sind, die Bedeutung der Daten zu verstehen. Ohne diese Fähigkeit fehlt es an der Möglichkeit, Gewinn aus den Daten zu ziehen. Hilfreich können hier Workshops zur gemeinsamen Interpretation von Daten sein.
Erst, wenn gemeinsame Sprach-Regeln für die Daten der Smart City etabliert sind, lassen sich einzelne vormals isolierte Datenpunkte verbinden, aus denen spannende Zusammenhänge entstehen. In genau diesen Verbindungen liegen die so oft genannten „Schätze“, die den Nährboden für innovative und bisher unbekannte Geschäftsmodelle bilden.
Ein erstes Beispiel für den Einsatz von Urban Data ist die Urban Data Platform der Europäischen Union. Sie sammelt und visualisiert Daten aus allen möglichen öffentlich verfügbaren Quellen und ermöglicht auf diese Weise spannende und überraschende Einblicke in viele europäische Städte und Regionen.
Gleichzeitig zeigt das Projekt, wie man an Grenzen bei der Interpretation von Urban Data stoßen kann, wenn die gemeinsamen Spielregeln fehlen: Grafiken sehen unterschiedlich aus, nicht alle Daten lassen sich miteinander verknüpfen. Smart City wird deswegen erst dann spannend, wenn sich alle Teilnehmer smart verhalten – und nach gemeinsamen Regeln spielen.